Sorben

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„Die sorbischen Bewohner der Oberlausitz nennen Bautzen seit jeher „Město - Stadt”. Die alte sorbisch-wendische Bezeichnung Budyšin - von ihr ist der deutsche Name Bautzen abgeleitet - wurde von dem Bischof Thiemar von Merseburg im Jahre 1002 in der Form BUDUSIN zum ersten Mal erwähnt. Der Sinn des Stammwortes BUD hat sich, wenn auch nicht im Sorbischen, so doch in benachbarten slawischen Sprachen als “Bau”, “Gebautes” erhalten. Noch bevor man Bautzen (Budyšin) erreicht, sind weit im Umland die Türme der Stadt zu sehen. Sie strecken ihre Turmspitzen wie ausgestreckte Finger gen Himmel, als wollten sie die Besucher anlocken, um auf die wechselvolle Geschichte der Türme-Stadt© aufmerksam zu machen. Gelegen an der Via Regia der wichtigen Verkehrsverbindung zwischen Schlesien und dem Rhein, erlebte die vor über 1000 Jahren erstmals erwähnte Stadt die böhmische Herrschaft, die sächsische Herrschaft, die Zeit des Nationalsozialismus und den Sozialismus. Geprägt waren die Zeiten durch Stadtbrände, die Belagerung durch die Hussiten, die Armeen Wallensteins, Sachsens und Schwedens, der Schlacht bei Bautzen während der Zeit der Befreiungskriege und letztendlich auch den Zweiten Weltkrieg. Durch den Fleiß der Bewohner wurden in der jeweiligen Epoche die Zerstörungen beseitigt und das Stadtgebiet erweitert. Stumme Zeitzeugen weisen in und um den noch heute geschlossenen inneren und äußeren Altstadtkern auf die wechselvolle Historie hin. Die Einzigartigkeit Bautzens besteht auch darin, dass sie das politische und kulturelle Zentrum der Sorben und damit mit der Geschichte des kleinsten westslawischen Volkes untrennbar verbunden ist. Für diese wollen wir sie mit unserer folgenden Präsentation sensibilisieren und begeistern. Bei einem Stadtrundgang wird diese Faszination erlebbar.

Verbreitungsgebiet

Verbreitung.png

Geschichte der Sorben in Bautzen

„Ein Wunder, dass wir da sind. Das ist nur der Name für die unerkannte Kraft, die unser Volk über die Jahrhunderte hinweg am Leben erhielt, eine Kraft die das Volk selbst schuf und von der es lebte.“, mit diesen Worten umschrieb der bedeutende sorbische Schriftsteller Jurij Brězan treffend die Existenz und den Überlebenswillen des kleinen westlawischen Volkes. Gegen Ende der Völkerwanderung verließen germanische Stämme den Raum östlich von Elbe und Saale. Ab etwa 600 rückten vom Osten her Slawen nach, die aus ihrer Urheimat –nördlich der Karpaten, vermutlich zwischen Weichsel und Dnjepr – aufgebrochen waren. Da sich ihr Herkunftsgebiet bis heute nicht eindeutig lokalisieren lässt, wird die ursprünglich slawische Gemeinschaft am ehesten in einer – von den Linguisten rekonstruierten – urslawischen Sprache sichtbar. Die Sippenverbände wanderten in verschiedene Richtungen, nach Osten, Süden und Westen. Etwa 20 Stämme, welche die sorbische Gruppe bildeten, siedelten sich zwischen Oder/Bober/Queis im Osten und dem Maingebiet an. Der gemeinsame Eigenname dieser Stämme war Sorb / Sarb / Serb, hergeleitet von „srěbać“ (schlürfen). Im Zuge der deutschen Ostkolonisation im 12./13. Jhd. wurden die am weitesten westlich gelegenen Gebiete rasch germanisiert, von der einstigen Existenz slawischer Siedler zeugen heute nur noch die Ortsnamen in der sog. Germania Slavica, die bis nach Bamberg und Bayreuth reichen. Ihre Sprache, Kultur und Tradition bewahren konnten allein die Sorben in beiden Lausitzen. Die Niedersorben, Nachkommen der einstigen Lusitzer, brachten den Namen „Lausitz“ (= sumpfiges Land) mit. Ab dem 15. Jahrhundert wurde der Name auch für das Siedlungsgebiet der Obersorben benutzt (bis dahin Land Budissin bzw. Land Görlitz), die als Nachkommen der Milzener gelten. Die unterschiedlichen Sprachen – Ober- und Niedersorbisch – erklären sich durch die abweichenden Zuwanderungswege der beiden großen Stämme.

Protschenberg

Protschenberg in Bautzen

„Wie du mich haben willst, Budissin seh ich dich nicht, hörst du mich nicht, du drüben, ich hüben mitten der Abgrund.“ (Kito Lorenc)

Kito Lorenc, einer der bedeutendsten sorbischen Schriftsteller, findet mit diesen Worten treffend den Blick vom Protschenberg auf die geschichtsträchtige Stadt Bautzen. Die gegenüberliegende Altstadt, mit der Ruine der Nikolaikirche, der Ortenburg, der Friedensbrücke und dem Stadtteil Seidau sind ein beliebtes Fotomotiv. Schon viele Jahrhunderte v.u.Z. spielte der Protschenberg eine Rolle in der Besiedlungsgeschichte der Region. Kurz nach 600 u.Z. wanderten die Slawen, u.a. auch der slawische Stamm der Milzener, welcher als einer der Ahnen der noch heute lebenden Sorben dargestellt wird, ins Lausitzer Land ein. Die aus dem 9. Jahrhundert stammenden zahlreichen Burgwälle zeugen von der Aufgliederung des Siedlungsgebietes und entwickelten sich auch zu wirtschaftlichen, politischen und kultischen Zentren kleiner Gebiete. Der Protschenberg ist Teil des im Westen der Stadt ca. 15m bis 20m über der Spree ragenden Granitsockels. Die darauf aufgebaute Wallburg diente der Bewachung des Zugangs zur Hauptburg auf der gegenüberliegenden Spreeseite. Der etwa 300m lange erhaltene Burgwall ist durch die sich dort befindende Friedhofsanlage teilweise nicht mehr deutlich sichtbar. Auf dem Friedhof befindet sich die Grabstätte des am 03.März 1816 in Merzdorf bei Uhyst geborenen Johann Ernst Schmaler (Jan Arnošt Smoler), der am 13. Juni 1884 in Bautzen verstorben ist. Er gehörte zu den bedeutendsten Repräsentanten der nationalen Wiedergeburt der Sorben im 19. Jahrhundert. Zugleich ist er als sorbischer Philologe, Schriftsteller und Verleger weit über die Grenzen der Oberlausitz bekannt.4 Die von der Domowina-Verlags GmbH in Bautzen wiederbegründete Verlagsbuchhandlung und der Bautzener Regionalverband der Domowina - Bund Lausitzer Sorben tragen seinen Namen. Zu seinem Gedenken wurde ein Denkmal an der Kreuzung Steinstraße / Wallstraße errichtet. Jährlich am Ostersonntag kann man neben dem traditionellen Ostereierschieben auch Programmbeiträge des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters und des Sorbischen National-Ensembles auf dem Protschenberg erleben.

Ortenburg

Ortenburg in Bautzen

Der Ausgangspunkt für die Besiedlung Bautzens liegt Jahrhunderte vor der Ersterwähnung „civitas Budusin“ zurück. Etwa im 7. Jahrhundert begannen slawische Siedler vom Stamm der Milzener eine Wallburg auf dem Granitplateau, welches sich etwa 15m bis 20m über der Spree erhebt und nach Norden, Süden und Westen steil abfällt, zu errichten. Nach Südosten wurde die Burg durch Mauern geschützt. Dabei wurde die sich im engen Tal windende Spree als natürlicher Burggraben zum Schutz genutzt. Vor der Jahrtausendwende wurden, nach dem großen Aufstand der slawischen Stämme auch die Milzener im Jahr 990, durch die Heere Otto I. unterworfen und als Gau Milsca dem Deutschen Reich zugeordnet. Zeitgleich mit der militärischen Unterwerfung begann die Christianisierung der Slawen. Die Ortenburg wurde zur deutschen Grenzburg mit dem Namen „huys czu Budissin“. Hier kreuzten sich die wichtigen Handelsstraßen von Halle nach Breslau und von Prag nach Brandenburg. In der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts trotzte die Burg „Ortenbergk“ der Belagerung durch die Hussiten. Durch Brände wurden bis zur Jahrtausendwende die ältesten Bauteile vernichtet. Der Neubau auf Initiative des ungarischen Königs Matthias Corvinus, wurde im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt. Aus- und Umbauten begannen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und dauerten bis ins 21. Jahrhundert. Dies spiegelt auch das Gebäudeensemble der Ortenburg wider u.a.: Das Hauptgebäude - das Schloss ist im Kern spätgotisch (1483-1486) und hat einen Audienzsaal (1622). Die Stuckdecke des Saales, eine italienische Arbeit, zeigt in neun Feldern die Höhepunkte der oberlausitzer Geschichte. Das Schloss ist nach dem Abschluss umfangreicher Sanierungsarbeiten seit April 2002 Sitz des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts. Der Stucksaal wird hin und wieder für Konzerte genutzt. Die Öffentlichkeit wird zum „Tag des offenen Denkmals“ und zu Ausstellungen sorbischer und deutscher Künstler in das Verwaltungsgebäude eingeladen. Im ehemaligen als Magazin gebauten Salzhaus (1782) hat seit 1976 das Sorbische Museum sein Domizil. Als Nationalmuseum der Sorben hat es sich zum beliebten Treffpunkt der Bautzener und ihrer Gäste entwickelt. Das Gebäudeensemble wir durch den modernen Bau des im Jahr 2003 eröffneten Burgtheaters bereichert. Eine weitere Besonderheit auf dem Hof der Ortenburg ist die vor der Fassade hinter Glas stehende Figurengruppe des Rietschelgiebels, welche bereits am 1841 gebauten Dresdner Hoftheater und später im Giebel des Bautzener Stadttheaters zu sehen war. In den Sommermonaten erleben Tausende Besucher die jährlichen Sommertheaterinszenierungen, die sich zu einem über die Landkreisgrenzen bekannten Spektakel entwickelt haben. Alle zwei Jahre wird das Internationalen Folklorefestival „Łužica“ mit der Auftaktveranstaltung im Ortenburghof eröffnet.

Sorbisches Museum

Sorbisches Museum in Bautzen

Zum Gebäudeensemble der Ortenburg gehört auch das nach dem Vorgängerbau von 1782 sogenannte Salzhaus, welches heute das Sorbische Museum beherbergt. 1869 wurde es so umgebaut, wie es heute noch von außen zu sehen ist. Bis 1834 wurde in der Salzschanke Salz gelagert und verkauft. Ab 1835 war dieses Haus Sitz des Königlich-Sächsischen Appellationsgerichtes und des Königlichen Kreisamtes. In der Zeit des Nationalsozialismus nutzte die Gestapo das Bauwerk. Nach dem 2. Weltkrieg dientes es teilweise als Wohngebäude. Seit 1974 fand das Sorbische Museum hier sein ständiges Domizil. Nach Beendigung mehrfacher umfassender Sanierung des Gebäudes finden im klassizistischen Festsaal, dem ehemaligen Verhandlungsraum, regelmäßig unterschiedliche Veranstaltungen statt. Im Jahr 1856 wurde durch die Altertumsabteilung der sorbischen Wissenschaftsgesellschaft Maćica Serbska der Grundstock der Sammlung mit archäologischen Artefakten und Sprachdenkmälern angelegt. Hierbei ist besonders der Verdienst von Ernst Mucke hervorzuheben, welcher anlässlich der Ausstellung des sächsischen Handwerks und Kunstgewerbes 1896 in Dresden die Erweiterung der ursprünglichen Sammlung um die volkskundlichen Exponate initiierte. Der europäische Trend der Gründung von Nationalmuseen um die Jahrhundertwende beflügelte auch die Einrichtung eines sorbischen Museums, welches bereits ab 1900 vor der Eröffnung des Wendischen Hauses die ersten Besucher empfing. Die Eröffnung des Wendischen Hauses erfolgte 1904. Das Wendische Museum wurde 1941 durch die Nationalsozialisten aufgelöst und die Bestände konfisziert. Der überwiegende Teil der Ausstellungsexponate ging in den Bestand des Stadtmuseums Bautzen über. 1957 wurde in Hoyerswerda das Museum für sorbische Volkskunde gegründet. Erst im Jahr 1971 wurde das Museum nach Bautzen zurückverlegt, wo es 1973 bis 1987 dem Stadtmuseum Bautzen zugeordnet war. Mit seinen mehr als 35.000 inventarisierten Objekten konnte die Institution eine selbständige Ausstellung konzipieren. Heute erwarten den Besucher auf 3 Etagen mit ca. 1000 m2 Ausstellungsfläche Themenbereiche zur sorbischen Geschichte, der bildenden Kunst, Volkskunst, den Trachten und Traditionen sowie der Literatur. Dabei orientiert sich das Konzept der Dauerausstellung am Geschichtsfortlauf. Thematisch eigenständig hingegen ist der Bereich der Bildenden Kunst. Die Kunstsammlung beherbergt Nachlässe vieler namhafter sorbischer Künstler. In den Sonderausstellungen werden zum einen besondere Themen der sorbischen Geschichte und Kultur gezeigt. Zum anderen bilden Ausstellungen zu ethnischen und sprachlichen Minderheiten ebenso einen Schwerpunkt, wie auch Kunstausstellungen. Entsprechend des Selbstverständnisses als Brückenbauer zwischen West- und Osteuropa finden die benachbarten slawischen Völker hierbei ein besonderes Interesse. Träger des Museums ist der Landkreis Bautzen. Das Sorbische Museum wird durch den Kulturraum Oberlausitz/Niederschlesien und die Stiftung für das sorbische Volk gefördert, die jährlich Zuwendungen des Bundes, des Freistaates Sachsen und des Landes Brandenburg erhält. Im Festsaal des Museums finden vielfältige Veranstaltungen und Konzerte statt, beispielsweise die bekannten Bautzener Kammer Konzerte. Das Sorbische Museum trägt mit seinen Ausstellungen und breitgefächerten Angeboten zur kulturellen Vielfalt der Stadt Bautzen bei.

Burgtheater

Das Burgtheater in Bautzen

Bis 1945 gehörte das 1872 errichtete Kornhaus zur Silhouette der Bautzener Ortenburg. Durch Kriegseinwirkungen stark in Mitleidenschaft gezogen wurde es nicht wiederaufgebaut. Seit 2003 ist der moderne Neubau des Burgtheaters - eine Perle der Architektur - in dessen Foyer man noch ein Teil der alten Stadtmauer sehen kann, zu bewundern. Durch das Haus an der südlichen Stadtmauer, dem gegenüberliegenden klassizistischen Bau des Sorbischen Museums und der Renaissance-Ortenburg konnte das Gebäudeensemble der Burg wieder geschlossen werden. Als eine der Spielstätten des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters, hat hier die zweisprachige Sparte Puppentheater ihren Sitz. Außerdem kommen Schauspielinszenierungen der “kleinen Form” und des sorbischen Kinder- und Jugendtheaters als auch des Nachwuchsstudios zur Aufführung. Kammerkonzerte sind für den Besucher genauso erlebbar, wie Lesungen, Ausstellungen und Diskussionsforen. Träger des Theaters ist der Landkreis Bautzen und darüber hinaus wird es durch die Stiftung für das sorbische Volk gefördert. Das Marionettentheater entspringt einer jahrhundertealten Tradition in Sachsen, so auch in Bautzen. Die private Puppenbühne in Bautzen betrieb Herbert Ritscher, der Enkelsohn von Ernst Ritscher (1853-1943) aus der deutschen Marionettenspielerfamilie die über sieben Generationen in diesem Metier hauptsächlich im sächsischen Erzgebirge und der Lausitz tätig war. 1961 wurde er erster Leiter, der auf Initiative der Domowina gegründeten Marionettenbühne des Sorbischen Volkstheaters, der zehnten Bühne in öffentlicher Trägerschaft. Die erste Neuinszenierung, „Meister Krabat“ in sorbischer Sprache, hatte am 05. Juni 1961 seine Premiere. Hier liegt der Ursprung der einzigen konsequent in zwei Sprachen auftretenden Puppenbühne. Durch die Vereinigung des sorbischen Berufstheaters mit dem Bautzener Stadttheater im Jahr 1963 zum Deutsch-Sorbischen Volkstheater, ist es seitdem diesem zugehörig. Nach jahrelangen Interimsspielstätten u.a. auf dem Lauengraben oder in der Reithalle der Bautzener Kaserne, beschloss der Bautzener Kreistag 2000 den Theaterneubau, der am 12. September 2003 den Besuchern die Türen feierlich öffnete. Hinter Glas in der Fassade des neuen Burgtheaters, wurden die Figuren von Rietschel die zuvor den Giebel des Bautzener Stadttheaters schmückten, positioniert. Rietschel wurde u.a. durch Reliefs und Statuen am Hauptgebäude der Uni Leipzig, das Giebelfeld an der Berliner Oper und die Quadriga für das Braunschweiger Schloss bekannt. Die 130 Jahre alte Figurengruppe, 16m lang, fast 3m hoch und 15 Tonnen schwer, wird durch die Licht-, Musik- und Toninstallation „DIE kleine ORESTIE” (nach Aischylos von Ralph Oehme) hervorragend in Szenen gesetzt.

Michaeliskirche

Michaeliskirche in Bautzen

Die Michaeliskirche gehört gemeinsam mit der Alten Wasserkunst zu einer der bekanntesten Stadtsilhouetten der Stadt Bautzen, die zugleich eines der am häufigsten verwendeten Fotomotive der Tourismuswerbung für die Stadt Bautzen darstellt. Der Legende nach soll im Oktober 1429 an dieser Stelle des Eselsberges während der Belagerung der Stadt durch die Hussiten der Erzengel Gabriel am Himmel erschienen sein, um die Angriffe der Hussiten mit abzuwehren. Zum Dank wurde durch die Bürger die Kapelle „St. Michael“ errichtet (1473 erstmalige Erwähnung). Nach Fertigstellung der Erweiterungsbauten wurde um 1520 das Gotteshaus zur „Michaeliskirche“. Nach dem fast 99 Jahre lang in der Kirche keine Gottesdienste mehr abgehalten wurden, gelang es dem Stadtrat und den Oberlausitzer Landständen, zur Zeit als Bautzen zu Böhmen gehörte, diese den evangelischen Sorben in und um Bautzen zur Verfügung zu stellen. Vor der Reformation waren die Sorben auf Anordnung des Domstifts in der katholischen Nikolaikirche eingepfarrt, d.h. für Predigten und Taufen musste diese in Anspruch genommen werden. Einen eigenen angeschlossenen Friedhof gab es nicht, da der Platz zwischen Kirche und Alter Wasserkunst Teil einer wichtigen Verkehrsverbindung - vom Spreetal zur oben gelegenen Altstadt - war. Aus dem 17. Jahrhundert stammt auch die noch heute gültige protestantische Gemeindestruktur Bautzens, die deutsche Stadtgemeinde St. Petri und sorbische Landgemeinde St. Michael. Jedoch nahm der Gebrauch der sorbischen Sprache seit 1836 beständig ab. Heute kann man einmal im Monat den Gottesdienst in sorbischer Sprache besuchen. Zahlreiche Veranstaltungen in sorbischer und deutscher Sprache bereichern das kulturelle Angebot der Stadt.

Michelisschule

Michaelisschule in Bautzen

Der Baubeginn des Pfarrhaus St. Michael ist auf das Jahr 1802 zurückzudatieren. Das als Kirchschule und Wohnung des Diakons genutzte Gebäude wurde 1945 durch die SS abgebrannt. Der Wiederaufbau erfolgte in den Jahren 1945 bis 1951. Nach der Fertigstellung wird es bis heute als Pfarrwohnung und Gemeindezentrum durch die Kirchgemeinde genutzt. Die Michaelisschule wurde 1804 für die evangelischen Sorben der Stadt gegründet. Die Initiative für die Gründung hatten der Bürgermeister Hartmann als auch die sorbischen Geistlichen Pfarrer Michael Hilbenz und Diakon Johann Andreas Kappler, die an der Michaeliskirche wirkten. Bereits seit 1802 bemühten sie sich um den Bau der Schule. Dank großzügiger Spenden wohlhabender sorbischer Bürger der Stadt, der Kirchgemeinde St. Michael, weiterer Schulförderer und der Stadt selbst, konnte die Schule 1804 fertiggestellt werden. Die evangelische Michaelisschule, gegenüber der Michaeliskirche am Wendischen Kirchhof gelegen, war die zweite sorbische Schule in Bautzen. Da es zu dieser Zeit keine fest umrissenen Schulbezirke gab, konnten die sorbischen Kinder Bautzens sowie der Seidau als auch der umliegenden Dörfer, für die die Stadt Bautzen Gerichtsherr war, die Schule besuchen. Der Anfangsunterricht wurde in sorbischer Sprache gegeben, da die deutschen Sprachkenntnisse der Schüler sehr gering waren. Obwohl der Anteil der Sorben stets höher gegenüber dem Anteil der Deutschen war, gab es in den Folgejahren seitens der Schulräte der Stadt Bestrebungen, den sorbischsprachigen zugunsten des deutschsprachigen Unterrichts einzuschränken. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts galt die Bildungsstätte als eine wendisch-deutsche Schule, ebenso wie die Kirchgemeinde als gemischtsprachige eingestuft wurde. Im Garten des Gemeindezentrums werden im Sommer gelegentlich Veranstaltungen, z.B. des Sorbischen Künstlerbundes e.V., durchgeführt.

Sorbische National Ensemble

Sorbisches National Ensemble in Bautzen

Das bedeutendste Versammlungslokal der Bautzener Bürger, die Gaststätte „Bürgergarten“, welche im Jahr 1867 errichtet wurde, beherbergt seit 1952 das Sorbische National Ensemble, welches als Staatliche Ensemble für sorbische Volkskultur gegründet wurde. Aus dem Garten unmittelbar an der Friedensbrücke gelegen, hat man einen einzigartigen Blick auf die Wahrzeichen der Stadt, die Alte Wasserkunst und die Michaeliskirche. Zum Gebäudeensemble gehört die Röhrscheidtbastei, die auch Bastei an der Fischerpforte oder Lauenbastei genannt wird. Diese wurde 1469 zum Schutz der Fischerpforte erbaut. Der Name erinnert an den Baumeister Wenzel Röhrscheidt (1510–82). Die Bastei war seit 1952 Trachtenfundus des Ensembles. Heute ist das Gebäude eine zusätzliche Veranstaltungsstätte und zugleich Informationspunkt für die Besucher des Ensembles. Die Idee, ein professionelles Sorbisches Volkskunstensemble zu gründen, entstand bereits während dem ersten Sorbischen Volkstreffen 1950 in Bautzen, auf welchem 500 Sänger/innen und 400 Tanzpaare aus vielen sorbischen Kulturgruppen die Vielfalt der sorbischen Volkskultur in Lied und Tanz vorstellten. Das Vorhaben, das sorbische klassische und volkskünstlerische Erbe im In- und Ausland professionell zu präsentieren, wurde nach Auftritten zu den III. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin durch die Domowina und durch die Regierung der DDR unterstützt. Seit Anfang 1952 suchte der zukünftige erste Direktor Jurij Winar nach geeigneten sorbischen Talenten, die Willens waren, sich für eine berufliche Tätigkeit als Künstler zu entscheiden. Nach einem Vierteljahr hatte er eine genügende Anzahl von Sängern und Tänzern gefunden, um mit den ersten Proben beginnen zu können. Seit diesem Jahr begeistert das Staatliche Ensemble für sorbische Volkskultur (1990 wurde es in Sorbisches National-Ensemble umbenannt) mit der professionellen folkloristischen Bühnenkunst Zuschauer auf vier Kontinenten der Welt. Mehr als 30 Jahre sorgten Handrij Ziesch als Intendant, Jan Bulank als Komponist und musikalischer Oberleiter sowie Juraj Kubańka als Choreograf für die Professionalität des Ensembles. Das Programmangebot reicht von musikalischen Produktionen für Kinder bis hin zu Ballettopern, Oratorienaufführungen und Sinfoniekonzerten. Bis zur politischen Wende war das Sorbische National- Ensemble in der Trägerschaft des Ministeriums für Kultur der DDR, danach des Freistaates Sachsen. 1996 wurde das Sorbische National-Ensemble durch den Freistaat Sachsen in die privatrechtliche Form einer GmbH überführt, deren alleiniger Gesellschafter die Stiftung für das sorbische Volk ist.

Bautzener Stadttheater

Altes Sorbenhaus

Goschwitzstrasse 9

Haus der Sorben

Haus der Sorben in Bautzen

Der heutige Postplatz war bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein Dorfteich, auch als "Pferdepfütze" bekannt. Im Jahr 1945 erwarb die „Maćica Serbska“, der sorbische Wissenschaftsverein, das Grundstück der kriegszerstörten Lessingschule auf dem Postplatz 2, nachdem das Alte Wendische Haus am Lauengraben 1945 zerstört wurde. Zum 100-jährigen Jubiläum der Gründung des Vereins erfolgte 1947 die Grundsteinlegung für das neue Haus der Sorben. Die Finanzierung des Aufbaus erfolgte überwiegend aus Spenden/Geldsammlungen, nach 1952 auch durch die Regierung der DDR und von Anfang an durch freiwillige Arbeitsleistungen der sorbischen Jugendbrigaden. Die mehr als 500 Jugendlichen kamen aus den Dörfern des ganzen sorbischen Sprachgebietes und räumten mit Enthusiasmus die Trümmer und den Bauschutt auf. Die Sandsteinfigur von Konrad Sende an der Ostfassade, erinnert noch heute an den, in der Niederlausitz geborenen, ersten Jugendbrigadeleiter Paul Schenker. Die feierliche Einweihung fand am 08. Juli 1956 zum II. Sorbentreffen statt. Das durch den sorbischen Nationalkünstler Martin Nowak-Neumann mit einem Glasmosaik gestaltete Fenster ziert heute noch das Foyer des Hauses. Es zeigt die sorbischen Bräuche im Verlauf des Jahres geordnet nach den Folkoreregionen und das Logo der Domowina (1966). Das neu entstandene Haus der Sorben mit Festsaal und Café entwickelte sich in kürzester Zeit zum Mittelpunkt des sorbischen öffentlichen und kulturellen Lebens. Hier hatten der Bundesvorstand der Domowina, der Domowina-Kreisverband Bautzen „Jan Arnošt Smoler“, der Domowina Hochschulverband „Jan Skala“, das Haus für sorbische Volkskunst mit dem Folklorezentrum, die Arbeitsstelle für Schulen im zweisprachigen Gebiet der Akademie der pädagogischen Wissenschaften der DDR und die Sorbische Redaktion des Rundfunks der DDR, Sender Cottbus das gemeinsame Domizil gefunden. Den Saal nutzten auch vielzählige sorbische Laienkünstler (sorbisches Laientheater, sorbische Laienchöre) und Vereinigungen und belebten durch die Veranstaltungen das Verwaltungsgebäude. Die Domowina, die nationale Organisation der Sorben, wurde nach und nach durch die marxistisch-leninistische Nationalitätenpolitik der Regierung der DDR und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) gleichgeschalten und für deren Ziele benutzt. Nach der Erneuerung der Domowina im Prozess der politischen Umwälzung von 1989 konnte sie, in der Rechtsform eines Vereins gefördert von der Stiftung für das sorbische Volk, als unabhängiger Dachverband der sorbischen Vereine der Ober- und Niederlausitz an ihre Traditionen von 1912 anknüpfen. Das Haus der Sorben in Bautzen ist heute nicht nur Verwaltungssitz der Domowina – Bund Lausitzer Sorben mit dem WITAJ-Sprachzentrum, der wichtigsten sorbischen Vereine wie dem Wissenschaftsverein Maćica Serbska, dem Sorbischen Schulverein, dem Bund sorbischer Gesangsvereine sondern auch des Sorbischen Studios des Mitteldeutschen Rundfunks (mdr) und der 1991 in Lohsa, auf Grundlage eines Staatsvertrages zwischen dem Freistaat Sachsen, dem Land Brandenburg und dem Bund gegründeten Stiftung für das sorbische Volk. Die rechtsfähige Stiftung trägt als wichtigstes Förderinstrument zur Bewahrung, Entwicklung, Förderung und Verbreitung der sorbischen Sprache, Kultur und Traditionen bei. Sie ist Gesellschafter der Sorbischen National-Ensemble gGmbH, der Domowina Verlags-GmbH und fördert das Sorbische Institut, das Deutsch-Sorbische Volkstheater, das Sorbische Museum in Bautzen sowie das Wendische Museum und die Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur in Cottbus. Im Zuge der Projektförderung werden satzungsgemäße Vorhaben von Vereinen gefördert. Durch den Umbau der Klubräume des Sorbenhauses fand auch die Sorbische Kulturinformation, als Abteilung der Stiftung, einen repräsentativen Standort. In diesem Servicepunkt kann man neben Tickets für sorbischen Veranstaltungen auch volkskünstlerische Erzeugnisse, Bücher, CDs und DVDs erwerben. Zugleich werden die Räume auch für zahlreiche Veranstaltungen, u.a. Ausstellungen und Buchpräsentationen, genutzt.

Deutsch-Sorbisches Volkstheater

Sorbisches Institut

Monse-Verlagshaus

Domowina Verlag

Sorbische Zeitung

Smoler`sche Verlagsbuchhandlung

Smoler`sche Verlagsbuchhandlung

Im Gebäude Tuchmacherstraße 27 befindet sich seit 2006 auch die Smoler´sche Buchhandlung (Smolarjec kniharnja) der Domowina Verlags-GmbH. Den Namen hat der Verlag traditionsverpflichtend wieder angenommen. Die Smoler´sche Buchhandlung (Smolerjec kniharnja) wurde erstmals im 19. Jahrhundert als sorbische Buchhandlung in Bautzen erwähnt. Im Jahr 1851 hatte Johann Ernst Schmaler (Jan Arnošt Smoler) sein erstes Geschäft unter dem Reichentum eröffnet. Gemeinsam mit Bohuwěr Pjech erweiterte er sein Buchangebot um die slawische Literatur. Im 20. Jahrhundert siedelte die Sorbisch-slawische Buchhandlung in das neue Domizil - das Alte Sorbische Haus (Stary Serbski dom) - auf den Lauengraben um. Dort übernahm der sorbische Buchhändler Ernst Simon (Arnošt Simon) die Aufgabe des weiteren Vertriebs und der Verbreitung des sorbischen gedruckten Wortes. Mit dem Verbot des Sorbischen im öffentlichen Leben durch die Nationalsozialisten 1937, wurde auch die Buchhandlung aufgelöst. Zum ersten Mal wurde sie auf der Kurt-Pchalek-Straße 20 im Jahr 1950 eröffnet, zog jedoch schon 1951 auf den Holzmarkt um. Später bis Ende 1961 konnte die Buchhandlung die breite Palette der Verlagseditionen wieder im Gebäude auf der Kurt-Pchalek-Straße 20 anbieten. Nach der Klärung der Eigentumsverhältnisse und Abwendung der Insolvenz des Verlages, konnte die Verlagsbuchhandlung wieder die angestammten Räume in der Pchalek-Straße beziehen. Auf Grund finanzieller Engpässe des Gesellschafters, der Stiftung für das sorbische Volk, entschied man sich, die Geschäftsräume in das Verlagshaus auf der Tuchmacherstraße 27 nach Aus- und Umbaumaßnahmen zu verlegen, um die jährlichen Mietausgaben einzusparen. In der 2. Jahreshälfte 2006 konnten die Mitarbeiter der Smoler´schen Verlagsbuchhandlung nun in einem wesentlich besseren Umfeld ihre umfangreichen Aktivitäten entfalten. Heute ist dieses sorbische Buchgeschäft weit über die Grenzen der Lausitz bekannt, da es als einziges in der Bundesrepublik Deutschland das komplette verlegerische Sortiment des Verlages anbietet. Durch die Autorenlesungen und Vorstellungen der neuen Editionen ist der Standort genauso bei den Bautzenern und Lesern aus der ganzen Lausitz beliebt.

Lausitzer Druckhaus

Stadthalle Krone

Sorbische Schule

Weblinks

Allgemein


Forschung und Lehre


Medien


Siehe auch


Literatur

  • Vorlage:Literatur
  • Kito Lorenc : Serbska čitanka/Sorbisches Lesebuch Verlag Phillip Reclam jun. Leipzig 1981 1. Auflage S. 528 Lizenz-Nr. 363.340/143/81
  • Autorenkollektiv: Sorben Serbja Ein kleines Lexikon, VEB Domowina Verlag 1989 1. Auflage ISBN 3-7240-0405-0
  • Dietrich Scholze: Budyšin jako centrum kultury a zjawneho žiwjenja Serbow* Lětopis 49 2002 Ausgabe 1 S.3 - 15
  • Carmen Schuhmann: Bautzen - Gestern und heute, Sutton Verlag 2014, ISBN: 978-3-95400-415-7
  • Jan Brankačk, Frido Mětšk: Geschichte der Sorben, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1789. In: Jan Šołta: Geschichte der Sorben: Gesamtdarstellung. VEB Domowina-Verlag, Bautzen 1977.
  • Jan Šołta, Hartmut Zwahr: Geschichte der Sorben, Bd. 2: Von 1789 bis 1917. In: Jan Šołta: Geschichte der Sorben: Gesamtdarstellung. VEB Domowina-Verlag, Bautzen 1974.
  • Karl-Markus Gauß: Die sterbenden Europäer. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2002, ISBN 978-3-423-30854-0.
  • Sabine Hinterhölzl: Die Sorben in der Lausitz. Das „slawische“ Deutschland. Saarbrücken 2010, ISBN 978-3-639-28473-7.
  • Peter Kunze: Kurze Geschichte der Sorben. Ein kulturhistorischer Überblick. 4. Auflage, Domowina Verlag GmbH, Bautzen 2008, ISBN 978-3-7420-1633-1.
  • Peter Kunze: Die Sorben/Wenden in der Niederlausitz. 2. Auflage, Domowina-Verlag GmbH, Bautzen 2000, ISBN 3-7420-1668-7.
  • Thomas Pastor: Die rechtliche Stellung der Sorben in Deutschland. Domowina-Verlag GmbH, Bautzen 1997, ISBN 3-7420-1717-9.
  • Jasper von Richthofen (Hrsg.): Besunzane – Milzener – Sorben. Die slawische Oberlausitz zwischen Polen, Deutschen und Tschechen. Schriftenreihe der Städtischen Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz N. F. Band 37, Görlitz, Zittau 2004, ISBN 978-3-932693-90-8.
  • Franz Schön und Dietrich Scholze (Hrsg.): Sorbisches Kulturlexikon. Domowina-Verlag GmbH, Bautzen 2014, ISBN 978-3-7420-2229-5.
  • Dietrich Scholze: Die Sorben in Deutschland. Sieben Kapitel Kulturgeschichte. Lusatia Verlag, Bautzen 1993, ISBN 3-929091-11-9.


Einzelnachweise

  1. Rudolf Hammetz „Bautzen“ Bilder einer Landschaft Anmerkungen zur Stadtgeschichte von Hans Mirtschin Lusatia Verlag Bautzen 1994 ISBN 3-929091-13-5 Klappentext
  2. Kito Lorenc : Serbska čitanka/Sorbisches Lesebuch Verlag Phillip Reclam jun. Leipzig 1981 1. Auflage S. 528 Lizenz-Nr. 363.340/143/81
  3. Autorenkollektiv: Sorben Serbja Ein kleines Lexikon, VEB Domowina Verlag 1989 1. Auflage ISBN 3-7240-0405-0
  4. Dietrich Scholze: Budyšin jako centrum kultury a zjawneho žiwjenja Serbow* Lětopis 49 2002 Ausgabe 1 S.3 - 15
  5. Carmen Schumann: Bücher ziehen um, Sächsische Zeitung 12.07.2006